Cesaria Evora - Bittersüsser Status Quo



Die 65jährige Cesaria Evora, von ihren Freunden Cize genannt, ist und bleibt auch mit ihrer neuen CD „Rogamar“ die Königin der melancholischen kapverdischen Morna.

Cize qualmt Rauchwaren, kippt mit Vorliebe Whisky und singt zum Pluckern des Cavaquinho achselzuckend über sich selbst: „Mundo ta mudá, ma nha estoria ta f’cá“ (die Welt ändert sich, meine Geschichte bleibt stets die gleiche). Ein sympatisch ungesunder und altmodischer Status quo. Überdies sind Cizes Mornas immer bittersüsse und hochwirksame Gifte gegen die Geschäftigkeit unserer technokratischen Fitnesswelt. Nur noch im portugiesischen Fado, mit dem die Morna verwandt ist, nehmen sich die Interpreten so unverschämt viel Zeit, dem Zuhörer die Tränen in die Augen zu treiben.

Die Portugiesen benutzten ab 1455 die vor Senegal liegenden kapverdischen Inseln als Stützpunkt für ihre Transatlatik-Missionen und hinterliessen ein buntes Völkergemisch mit einer zwar lusitanisch eingefärbten, aber ansonsten eigenständigen Musik. Obschon Cesaria Evora auf der neuen CD zusammen mit Ismael Lô ein gemeinsames „Africa Nossa“ beschwört, gehören die besinnlichen Mornas und deren Gegenpart, die beschwingten, sich dem Samba annähernden Calodeiras nicht zur afrikanischen Musik. Das als Sprungbrett dienende Abseits der Inseln hat grossen Teilen der Bevölkerung die Rastlosigkeit permanent sich verabschiedender und wieder zurückkehrender Nostalgiker beschert. Cize ist immer noch die prominenteste musikalische Vermittlerin dieser Gefühle, die sich bei ihr stets mit nonchalantem laissez-faire mischen. Im übrigen - Status quo eben - bleibt eine Morna eine Morna: Hauptinstrument ist wie im Samba das kleine Saiteninstrument Cavaquinho, welches von der Violine melancholisch umschmeichelt wird, während das rollende rhythmische Donnern des Pianos die Lieder oft fast wie im Tango untermauert.

Zürich, Kongresshaus
So 22. 4., 19 Uhr

[Aus Züri-Tipp]



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