Julieta Venegas: Mexikanischer Frühling

Draussen blüht der Schlehdorn, linde Lüftchen wehen und kräuseln den blauen See. Genau das richtige Wetter, um mit Julieta Venegas Akkordeon und zu ihrer wasserklaren Stimme auf "Canciones De Amor" in den Vorfrühling zu schweben!

Interessant, welch individuell verschiedene Wege Latinas und Latinos einschlagen, wenn sie mit ihrer Musik internationalen Erfolg anstreben. Es gilt dabei stets, eine Balance zwischen der Akzeptanz zu Hause und der Eroberung eines Weltpublikums anzustreben, das Latino-Sounds oft nur in poppigen Hüllen goutiert. Als Beispiel mögen hier die Efforts einer Shakira stehen, die letztes Jahr bekanntlich ein spanisches und ein englisches Album herausgab. Dass man sich aber nicht allzu weit von den Roots entfernen muss, um internationalen Erfolg zu verbuchen, beweist Shakiras Landsmann Juanes, der seinen Rock homogen und stimmig mit kolumbianischer Cumbia verquickt.

Brennpunkt Mexiko: Ähnlich spannend nimmt sich ein Vergleich zwischen der 1970 geborenen Julieta Venegas und ihrer ein gutes halbes Jahr jüngeren Landsfrau, der Super-Diva Thalia aus, von welcher die meisten Nicht-Latinos bei uns wohl noch nie etwas gehört haben. Die Karrieren der beiden Mexikanerinnen mögen inhaltlich völlig verschieden verlaufen sein, verraten aber auch Gemeinsamkeiten: Vielseitigkeit und Flexibilität. Während Julieta in ihrer Jugend in der Grenzstadt Tijuana viel US-Rock um die Ohren gepfeffert kriegte, wurde Thalia in Mexico City 1984 als Dreizehnjährige für das Musical "Grease" rekrutiert und startete anschliessend eine steile, aber so gut wie nur in Lateinamerika erfolgreiche Karriere. Venegas wiederum stürzte sich früh in Rock- und Pop-Experimente, wobei sie sich stets typische Latino-Instrumente wie das Akkordeon umhängte und dadurch den Rockismen wenigstens von der Athmosphäre her ein Latino-Flair verschaffte, während Thalia zur gleichen Zeit sowohl Mariachi als auch die mexikanische Lesart der Cumbia verpoppte, womit sie stärker als Venegas bei ihrem Heimatpublikum punktete. Fazit: Latin-Pop und Latin-Rock befinden sich in einem steten Fliessgleichgewicht und verfügen auch dann noch über absolut ausufernde Spielarten und Varianten, wenn andere asthmatische Trends schon längst das Zeitliche gesegnet haben.

Julieta Venegas bestreitet das Caliente-Eröffnungskonzert am 23. Juni 2007.