Neue CD von Corazón Latino: „Desde Barranquilla

Der Schweizer Andy Bopp, die kolumbianische Sängerin Gloria Velandia und deren Sohn Sebastian Brunner bilden den harten Kern von Corazón Latino. Für die zweite CD „Desde Barranquilla“ nahm man in Kolumbien aufregende und farbige Sound-Mixturen auf.

Barranquilla an der Karibikküste im Norden Kolumbiens gehört zu den Millionenstädten des Landes und liegt unweit des historisch bedeutenden, schönen Cartagena. An der Karibikküste entwickelten sich zwei der wichtigsten kolumbianischen Musikstile: der Vallenato und die Cumbia. Beim ersteren handelt es sich um eine akkordeonlastige und melodiöse Festmusik und Tanzschaffe, die so aktuell ist wie eh und je, während letztere mit ihrer eigenwilligen, shuffleartigen Synkopierung in Kolumbien selbst etwas in den Hintergrund gerückt ist, jedoch witzigerweise in anderen westlateinamerikanischen Staaten samt Argentinien geradezu Urständ feiert.

Wer all diese Sounds richtig erleben will, muss die Karibikküste Kolumbiens mit ihrer grossen Varietät an Rhythmen besuchen, zumal dorthin sozusagen übers Meer auch die Musiken Kubas, Jamaicas und der Dominikanischen Republik dringen - aus letzterer sozusagen als Antwort auf den Vallenato vor allem das Tempo-Teufel-Akkordeon des Merengue Tipico.

Corazón Latino begaben sich mit vorproduzierten Songs nach Barranquilla, um sich von diesem Schnittpunkt der Musiken bei den Aufnahmen inspirieren zu lassen. Herausgekommen ist mit „Desde Barranquilla“ eine CD, die sich in keinen festen Latino-Raster zwängen lässt, sondern - ganz dem kolumbianischen Karibikfeeling entsprechend - diverse stilistische Strukturen bedient. Am ehesten sind die Bestrebungen von Corazón Latino auf diesem neuen Set mit der Panlatino-Vorgehensweise des grossen dominikanischen Musikers Juan Luis Guerra zu vergleichen, der Merengue, Bachata, Canciones und Trova aus seinem Umfeld nebeneinander stellt und dabei auch stets musikalisch nach Haiti hinüberschielt, den anderen Teil von Hispaniola. Es kommt nicht von ungefähr, dass „Dejate Mirar“ als der erste „Desde Barranquilla“-Song ein Vallenato mit einer „sweet melody“ ist und etwas nach Guerra tönt. Andy Bopp outet sich denn auch als Fan des Meisters, dem er Anregungen und Inspirationen verdankt.

Ansonsten aber gehen Corazón Latino eigene Wege, zumal sie technisch gesehen gediegen akustisch bleiben. Keine pompösen Backbeats und dergleichen. Vallenatos stehen hier zwangslos neben Son, der in „Mentiras“ als synkopiert schreitende, in einen Cha Cha Cha ausgeformte Guajira plus Charanga-Flöte daher kommt. „Oba“ wiederum kombiniert Son-Elemente mit Cumbia-Shuffle-Rhythmik. Corazón Latino hatten in Barranquilla Kontakt zum versierten Produzenten Einar Escaf aufgenommen, der die Vorproduktionen von Bopp bearbeitete, wobei die Stücke im Studio dann oft nochmals umarrangiert wurden. Typisch für die entstandenen Mixturen ist zum Beispiel das apart transparent mit Vallenato-Akkordeon-Tupfern und geschäftiger Perkussion begleitete, von Gloria Velandias ausdruckstarker Stimme getragene „Un Beso en la Luna“. Die kolumbianischen Musiker seien von der Experimentierfreudigkeit während den Aufnahmen angetan gewesen und angesteckt worden, erzählt Andy Bopp, der mit „Desde Barranquilla“ eine für Schweizer Verhältnisse in jeder Beziehung herausragende Latino-Produktion geschaffen hat.

Corazón Latino: „Desde Barranquilla“
Zu beziehen über www.corazon-latino.ch